Bereits im Januar begannen Artikel zum Thema Covid-19 in den belarussischen Medien zu erscheinen. Journalisten sprachen mit Ärzten, um zu verstehen, mit welcher Art von Infektion wir es zu tun hatten, und wie wir mit ihr umgehen sollten. Doch bis vor kurzem glaubte niemand daran, dass das Virus Belarus erreichen würde, und erst recht nicht, dass es sich auf globaler Ebene ausbreiten würde.
Wie alles begann
Der erste Fall einer Coronavirus-Infektion in Belarus wurde von dem jungen Mann abgeleitet, der Ende Februar mit dem Flug Baku-Minsk ankam. Er kehrte aus dem Urlaub zurück, um sein Studium an der Universität fortzusetzen.
Die Behörden ergriffen unverzüglich Maßnahmen zur Kontrolle aller Einwohner und Touristen, die in das Land kamen. Die Bürger wurden ermutigt, persönliche Hygienemaßnahmen zu beachten, Schutzmasken zu tragen und, wenn möglich, soziale Kontakte einzuschränken. Inzwischen haben die Ärzte bereits den Kampf gegen eine gefährliche Infektion aufgenommen: Sie begannen, Tests unter den Kontakten der ersten und zweiten Ebene durchzuführen, Patienten ins Krankenhaus zu bringen und zu behandeln.
Trotzdem haben die Behörden nicht damit begonnen, den „Ausnahmezustand“ einzuführen und die Quarantäne zu verhängen. Die meisten Bürger nehmen die getroffenen Maßnahmen relativ gelassen hin. Was bedeutet das? Die Behörden haben niemanden gezwungen, im Büro zu arbeiten. Einige Unternehmen haben auf Homeoffice umgestellt. Einige haben ihre Mitarbeiter in Urlaub geschickt. Aber die Menschen haben im Umkehrschluss begriffen: Nur wenn das Unternehmen funktioniert, dann werden die Menschen ihre Arbeitsplätze behalten, und sie können weiterhin ihre Familien ernähren.
Nach und nach setzte eine Menge Kritik in Richtung der belarussischen Behörden ein. Dann wurde beschlossen, Spezialisten der Weltgesundheitsorganisation einzuladen, um die Situation in der Republik im Zusammenhang mit der Verbreitung eines neuen Typs des Coronavirus zu beurteilen. Der Leiter der WHO-Mission in Belarus, Patrick O’Connor, zog eine positive Bilanz der getroffenen Maßnahmen: „In Belarus werden wichtige Maßnahmen ergriffen, wie Laboruntersuchungen von potentiellen Fällen, die Überwachung von Kontakten und die Isolierung von Personen mit einer bestätigten Diagnose, die Sicherstellung der Quarantäne von Kontaktpersonen und Personen, die dem Virus potentiell ausgesetzt sein könnten“. Dennoch empfahl er, die Anstrengungen im Kampf gegen das Virus zu verstärken.
Was geschieht jetzt?
Die meisten Probleme sind im Bereich der Bildung aufgetreten. Die Schülerinnen und Schüler und ihre Eltern wissen bis heute nicht, wie die Schulen die Schülerinnen und Schüler zertifizieren, und wie sie sich auf die Abschlussprüfungen vorbereiten sollten.
Alex M. bereitet sich auf den Eintritt in die Universität vor. Er erzählt: „Aufgrund der Pandemie, die durch die Ausbreitung von Covid-19 ausgelöst wurde, haben viele Schüler keine Schule besucht. In meiner Klasse besuchten durchschnittlich zehn von dreißig Schülern den Unterricht. Die übrigen Schülerinnen und Schüler lernten aus der Ferne: Sie erhielten Hausaufgaben per E-Mail. So besuchte ich zum Beispiel nur die Fächer, die bei der Aufnahme an der Universität belegt werden müssen. Ich trage jedoch immer eine Gesichtsmaske und Handschuhe.“
Auch Universitätsstudenten studieren von zuhause aus. Dort traten jedoch Schwierigkeiten auf: Für ältere Professoren war es schwieriger, moderne Technologien zu beherrschen und auf Online-Unterricht umzustellen. Doch schließlich gewöhnten sich alle an diesen Zustand.
Student Pavel T. sagt: „Für mich hat der Übergang zum Fernstudium keine Probleme verursacht. Im Gegenteil, es gibt mehr freie Zeit, die ich dem Sport widmen kann. Ich vermisse nur meine Freunde, die aus anderen Städten zum Studium nach Minsk gekommen sind. Nach dem Übergang zur Selbstisolierung sind sie in ihre Heimatstädte nach Hause zurückgekehrt.“
Eine weitere Einschränkung ist die Durchführung von öffentlichen Veranstaltungen. So wurden Sportwettkämpfe und Konzerte abgesagt. Aber das Verbot von Hochzeiten und Beerdigungen ist aus naheliegenden Gründen unmöglich. In solchen Fällen gilt die Einschränkung – nicht mehr als 10 Personen können an der Zeremonie teilnehmen.
Anna Sergeyenko sagt: „Meine Hochzeit sollte im Juni stattfinden. Wir haben die Zeremonie seit Ende letzten Jahres geplant. Viele Freunde und Verwandte waren eingeladen, auch aus dem Ausland. Sie werden nicht kommen können. Jetzt fühle ich mich deprimiert. Schließlich haben wir nicht nur den Festtag verloren, auf den wir gewartet hatten, sondern auch Geld durch die Absage der Hauptfeier.“
Der Blick in die Zukunft
Die Quarantäne in Europa wird allmählich schwächer. Viele Länder beginnen, die Grenzen für Touristen zu öffnen, die Menschen kehren in ihr gewohntes Leben zurück. In Belarus nimmt die Zahl der neu entdeckten Fälle von Coronovirus-Infektionen täglich ab. Die Zahlen sind allerdings immer noch ziemlich hoch, was bedeutet, dass die Belarussen in der kommenden Zeit leider nicht in der Lage sein werden, für einen Urlaub ins Ausland zu reisen.
Wie sich die Pandemiesituation im Land und in der Welt entwickeln wird, können selbst die qualifiziertesten Wissenschaftler nicht genau vorhersagen. Man kann nur hoffen, dass die Menschheit dieses schreckliche Virus bald besiegen wird, und dass die zweite Welle der Pandemie nicht eintritt.
Text: Roxanne Roman
Redaktionelle Bearbeitung: Jörg Wild
Foto: Evgeni Tcherkasski auf unsplash
- Juni 2020