Ergebnisse der bundesweiten Studie „JuCo“
Von einem Tag auf den anderen gibt es keine Schule mehr. Jugendliche dürfen ihre Freunde nicht mehr treffen, nicht mehr mit einander lachen, träumen, abhängen, lernen, Spaß haben – eben die Jugend genießen. Stattdessen ist Stubenhocken angesagt mit der Familie. Oft auf engstem Raum mit deprimierten Geschwistern, genervten Eltern. Wie erleben junge Menschen diese Zeit? Es gibt erste wissenschaftliche Erkenntnisse.
Ein Forschungsteam des Instituts für Sozial- und Organisationspädagogik der Universität Hildesheim und der Goethe-Universität Frankfurt hat in einer bundesweiten Studie Jugendliche ab 15 Jahren befragt. 6000 Jugendliche haben in sehr kurzer Zeit an der bundesweiten Studie „JuCo“ beteiligt, um von ihren Erfahrungen und Perspektiven während der Corona-Krise zu berichten.
Zwei Ergebnisse stechen heraus: „Jugendliche wollen nicht nur auf die Rolle als Homeschooler*in reduziert werden“, so Tanja Rusack aus dem Hildesheimer Forschungsteam. Ihr veränderter Lebensalltag und ihre Sorge werden kaum wahrgenommen. Zudem, ergänzt Johanna Wilmes, die ebenfalls in dem Verbund mitarbeitet: „Die Jugendlichen sehen nicht, dass sie mit ihren Anliegen Gehör finden, die Beteiligungsformate von jungen Menschen scheinen nicht krisenfest“.
Und: Die jungen Menschen haben den Eindruck, dass gegenwärtig die Erwachsenen allein entscheiden, wie sie in der Corona-Krise ihren Alltag zu gestalten haben. Diese Erkenntnis weicht kaum von den Gefühlen ab, die junge Menschen auch im Alltag ohne Corona haben und deshalb immer öfter mehr Teilhabe fordern. Deshalb haben viele Jugendlichen die Befragung genutzt, um auf ihre Situation aufmerksam zu machen. „Dies sehen wir auch daran, wie viele Jugendliche die Freitextfelder ausgefüllt haben, die es auch im Fragebogen gibt“, berichtet Anna Lips aus der Auswertungsarbeit. „Schon daran kann abgelesen werden, wie groß das Bedürfnis ist, gehört zu werden.“
Eine weitere Erkenntnis der Studie: Viele junge Menschen verbringen große Teile ihrer Freizeit in Organisationen, die außerhalb der schulischen Bildung liegen: Jugendzentren, Sportvereine, Jugendorganisationen. Sie engagieren sich in vielfältigen Institutionen und pflegen so ihre ganz eigenen Netzwerke. Viele dieser Kontakte brechen mit Corona urplötzlich weg, weil weder Schulen noch Ausbildungs- oder Freizeit-Organisationen technisch und organisatorisch nicht in der Lage sind, so schnell mit digitalen Lösungen einen adäquaten Ersatz herzustellen. Und auch die technische Ausrüstung der meisten jungen Menschen passt nicht zu den Herausforderungen der digitalen Umstellungsbemühungen. Die meisten Jugendlichen besitzen zwar ein Smartphone, aber viele von ihnen haben keinen Zugang zu einem Rechner, und/oder ihre Familienhaushalte verfügen über keine entsprechenden Internetverbindungen und ausreichend Datenvolumen.
Und noch etwas ist interessant: Jugendliche verbringen zwar viel Zeit mit Medien, diese dienen aber vor allem der Organisation von Freundschaftsbeziehungen – die Pflege der Kontakte findet dann eben doch im persönlichen Kontakt statt.
Zusammenfassung: Jörg Wild
Foto: Mohamed Hassan auf Pixabay
- Mai 2020