Wir sind entsetzt

Mai 26, 2021 | Aktuelles, Jugendpolitik

Stellungnahme von PNJ-Vorstand und -Geschäftsführung zur Causa Roman Protasewitsch

Wir sind entsetzt, dass die belarussische Regierung nun sogar in den internationalen Luftverkehr eingreift, um Oppositionelle und Journalist*innen in ihre Gewalt zu bekommen. Wobei Gewalt in mehrfacher Hinsicht sehr wörtlich genommen werden muss: Seit Monaten unterdrückt die Regierung mit aller Gewalt friedliche Demonstrationen. Bislang wurden zigtausende Demonstrant*innen inhaftiert, gefoltert und verurteilt. Journalist*innen, die ihrem Auftrag nachgehen und über die Verhältnisse in Belarus berichten, werden ebenfalls inhaftiert, misshandelt und zu langen Haftstrafen verurteilt. Und jetzt schreckt das Regime von Langzeit-Diktator Lukaschenko nach den offensichtlich erneut gefälschten Wahlen vom 9. August 2020 nicht einmal mehr davor zurück, ein Flugzeug zu kapern, um den regimekritischen Blogger Roman Protasewitsch und seine Partnerin zu verhaften.

Die EU-Regierungschefs haben während ihres Gipfeltreffens am 24. Mai 2021 das Vorgehen der Regierung von Belarus scharf verurteilt und Sanktionen gegen Belarus verhängt. Wir begrüßen diesen Schritt und hoffen, dass die EU auch weiterhin für die Menschen in Belarus da sein wird.

Das Pressenetzwerk für Jugendthemen ist mit Belarus besonders verbunden. Seit über 25 Jahren unterhalten wir eine Partnerschaft mit der „Belarusian Association for Unesco-Clubs“ (BelAU) – einer NGO, die allerdings von den finanziellen Zuwendungen der Regierung abhängig ist und daher nicht „frei“ im Sinne einer deutschen NGO agieren kann. In unseren Programmen erhalten wir Einblicke in das junge Leben im Land. Über unsere Reisen nach Belarus haben zahlreiche Journalist*innen einzigartige Erfahrungen vor Ort gemacht. Dabei versuchen wir immer wieder, so unpolitisch wie möglich zu agieren, um keine Kolleg*innen zu gefährden oder in Bedrängnis zu bringen. In der jetzigen Situation dürfte dieses Vorgehen noch schwieriger werden. Wir wollen die freie Zivilgesellschaft so nah wie möglich kennenlernen, aber was ist schon „frei“ in Belarus?

Während wir in politisch ebenfalls problematischen Partnerländern wie Ägypten keine Schwierigkeiten bei offenen und auch kritischen Gesprächen haben, ist der Umgang mit Menschen in und aus Belarus immer eine Gratwanderung. Weder wir noch unsere Gesprächspartner können sich sicher sein, ob nicht der scheinbar allgegenwärtige Geheimdienst KGB mithört und anschließend die Kolleg*innen in ernste Bedrängnis bringt.

Wir möchten weiterhin den Kontakt zur Zivilgesellschaft in Belarus suchen und ausbauen. Das sind wir unseren Kolleg*innen vor Ort und den Menschen in Belarus nicht nur schuldig, sondern trägt auch direkt dazu bei, unser Verständnis von Demokratie in der „letzten Diktatur Europas“ zu verankern. Wir hoffen, dass dieser Kontakt auch in Zukunft möglich sein wird.

Vorstand und Geschäftsführung von Pressenetzwerk für Jugendthemen e.V., 26.05.2021

Beitragsfoto: cc Wikipedia vom 24.05.2021

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    Social-Video-Werkstatt in Berlin

    Unsere Social-Video-Werkstatt für Fachkräfte der Jugendhilfe und Journalist*innen mit Themenschwerpunkt Jugend wird 2025 wieder in Berlin stattfinden.