Die Ratsfraktion des Bonner Bürger Bundes entsetzt mit einem kommentierten Bild
Die Angst vor konstruktiver Umweltpolitik sitzt tief in der konservativen deutschen Parteienlandschaft, auch wenn sich seit einigen Monaten alle Parteien – mit Ausnahme der AfD – eine ökologische Komponente ins Stammbuch schreiben. Wie tief die Aversion gegen alles Grüne ist, zeigt sehr eindrucksvoll auf kommunaler Ebene der Bürger Bund Bonn. Tag für Tag arbeitet sich die freie Wählergemeinschaft der Bundesstadt an der grünen Bürgermeisterin ab, als hätte die Kommune keine andere Sorgen.
Jüngstes Beispiel ist ein „Rats-Report“, in dem jeder zweite Beitrag gegen „Links-Grün“ wettert. Und weil das noch nicht genügt, setzt die BBB-Fraktion, aus deren Feder das vierseitige Elaborat stammt, ein i-Tüpfelchen: Zu einem Bild mit Steine-schleppenden Trümmerkindern der Nachkriegszeit schreibt der Bürger Bund: „Ganz ohne Megaphone und große Sprüche: So packten ‚Fridays For Future‘ 1946 an“.
Was die Autoren mit der Kombination aus Bild und Anti-FFF-Polemik sagen wollten, erklärt der BBB-sFraktionsvorsitzende Marcel Schmitt auf Anfrage des Pressenetzwerks für Jugendthemen in einer schriftlichen Stellungnahme: „Mit unserem Beitrag soll zum Nachdenken darüber angeregt werden, ob die geäußerte Kritik von einem Teil der Klimabewegten an der Generation gerechtfertigt ist, die nach dem Krieg gezwungen war, das Land mit ihrer Hände Arbeit mühsam wiederaufzubauen. Ohne diesen Aufbau und die sogenannten Babyboomer wäre unsere heutige Wohlstandsgesellschaft nicht denkbar. Der Jugend von 1946 mit dem Wissen von heute vorzuwerfen, sie und ihre Kinder hätten unbekümmert Raubbau am Planeten betrieben, während man selbst mit Smartphone, Notebook usw. ausgestattet, die Segnungen der Überflussgesellschaft – inklusive jährlichen Urlaub – in vollem Maße nutzt, ist ein fragwürdiges Verhalten.“
Währenddessen zieht sich lauter Protest quer durch die Stadt. Der Bonner Kinderschutzbund spricht in einer offiziellen Stellungnahme von einem „sehr verächtlichen Beitrag zum Thema Generationengerechtigkeit“ und stellt fest: „Die verlorene Jugend von damals gegen das Engagement der aktuellen Jugend auszuspielen, ist noch mehr: zynisch und geschmacklos!“
Selbst im eigenen Verein – der Bürger Bund Bonn ist keine Partei sondern ein e.V. – löst das Bild mit der unsäglichen Bildunterschrift Entsetzen aus. Der stellvertretende Parteivorsitzende Stefan Wolter „distanziert sich ausdrücklich“ von dem Text seiner Kollegen im Stadtrat. Auch er bezeichnet die Veröffentlichung des Fotos im Zusammenhang mit Fridays for Future als „inakzeptabel und geschmacklos.“
Und die Betroffenen, nämlich die Mitglieder der Bonner Fridays for Future? Sie sind „geschockt von der Respektlosigkeit“, die in dem Bild mitschwingt. „Solch ein Vergleich ist völlig fehl am Platz und macht die Zerstörung, die der Krieg damals gebracht hat, lächerlich. Zudem degradiert der Bilduntertitel politischen Protest an sich, der ein wichtiger und elementarer Grundstein unserer Demokratie ist. Auch scheint es, als sehe der BBB die ernsthafte Bedrohung der Klimakrise und unseren Protest dagegen als verächtlich an. Wir sind entsetzt, zu welchen Mitteln die Partei in ihrer Öffentlichkeitsarbeit greift.“
Das neue ökologische Bewusstsein vieler Menschen in Deutschland und ihr Protest gegen schleppende Veränderungen am bestehenden System machen vielen Politiker*innen Angst. Aber wie heißt es in der Stellungnahme des Bonner Kinderschutzbundes zu dem seltsam kommentierten Bild mit Kinderarbeit: „Wovor sollen wir uns fürchten, wenn wir so kluge und mutige junge Menschen in unserer Mitte haben, die die Zukunft von uns allen zum Positiven wenden wollen?“
Jörg Wild
Bildnachweise:
Foto Klima-Demo 2019 in Bonn: Jörg Wild
Foto + Bildunterschrift arbeitende Kinder: Ratsreport 02-21 BBB
Fotomontage: Jörg Wild