Jugend braucht mehr politische Bildung und Mitsprache – auch in Pandemie-Zeiten
Bundesfamilienministerin Dr. Franziska Giffey hat den 600 Seiten starken 16. Kinder- und Jugendbericht vorgestellt, der von einer unabhängigen Sachverständigenkommission erarbeitet wurde. Eine der wichtigen Erkenntnisse: Die junge Generation hat es in der Corona-Zeit besonders schwer. Vieles von dem, was Jungsein und Erwachsenwerden ausmacht, ist im Moment verboten oder nur eingeschränkt möglich: ob Lernen, Austausch mit Gleichaltrigen, die Welt erkunden oder auch mal eine Party feiern. „Für uns ist der Bericht eine wichtige wissenschaftliche Grundlage, er beschreibt in einem Kapitel auch explizit unsere Arbeit und gibt uns Impulse zur Weiterentwicklung“, erklärte die Vorsitzende des Deutschen Bundesjugendrings Lisi Maier in einer DBJR-Stellungnahme.
„Corona prägt schon jetzt die Lebensläufe vieler junger Menschen und nimmt der Jugend ein Stück Zuversicht und Leichtigkeit. Obwohl sie auf vieles verzichten müssen, halten sich die meisten an die Einschränkungen, sind vernünftig und rücksichtsvoll“, betonte Ministerin Giffey. „Das sollten wir anerkennen und würdigen. Und wir müssen die Jugend stärker an Entscheidungen beteiligen. Mehr Mitsprache empfiehlt auch der aktuelle Kinder- und Jugendbericht. Die politische Bildung der Jugend ist gerade auch in bewegten Zeiten ein Stützpfeiler unserer Demokratie. Jede Generation muss Demokratie neu erlernen. Die politische Bildung ist ein gewichtiger Faktor, um Menschen gegen Hassparolen und Verschwörungs-ideologien zu immunisieren.“
Eine der zentralen Empfehlungen der Sachverständigen ist, dass alle jungen Menschen mehr zeitgemäße und altersgerechte politische Bildung erhalten. Der Vorsitzende der Berichtskommission, Prof. Dr. Christian Palentien unterstrich bei der Vorstellung der Ergebnisse: „Politische Bildung findet in der gesamten Kindheit und Jugend statt. Sie braucht mehr Gewicht und gehört überall hin, wo junge Menschen mit Politik und Demokratie in Berührung kommen. Ob Familie, Kita, Schule und Ausbildung, Jugendbildungsstätten oder Jugendverbände, Medien oder auch die Bundeswehr – viele Akteure tragen Verantwortung für politische Bildung.“
Die Kommission hatte den Auftrag herauszuarbeiten, wo und wie Kinder, Jugendliche und junge Erwachsene politische Bildung erfahren. Zudem sollte sie Entwicklungsbedarfe aufzeigen und Empfehlungen für Praxis, Wissenschaft und Politik formulieren.
Der Bericht liefert damit eine umfassende und systematische Betrachtung der politischen Bildung junger Menschen und bietet eine solide Grundlage, um die Angebote weiterzuentwickeln. Gleichzeitig befasst sich der Bericht mit aktuellen Herausforderungen für die Demokratie – zum Beispiel mit Globalisierung, Digitalisierung, demografischem Wandel und einem erstarkenden Nationalismus. Die Kommission fordert ein klares Bekenntnis der Politik: Eine an Demokratie und Menschenrechten orientierte politische Bildung sei unverzichtbar.
Der DBJR erklärt in seiner Stellungnahme zu diesem Punkt, dass politische Bildung in der Debatte meist im Kontext von Schule und damit in der formalen Bildung verortet werde. Es gebe allerdings – auch das zeige der Bericht – deutlich mehr Bildungsorte und Erfahrungsräume. Zu ihnen gehören auch die Jugendverbände. „Die Breite, Vielfalt und Wertepluralität der Jugendverbandslandschaft wird nicht von allen als Stärke gesehen. Der Bericht stellt das richtig“, sagt Daniela Broda, die stellvertretende DBJR-Vorsitzende.
Die Perspektiven junger Menschen sind in den Bericht direkt eingeflossen: Die Kommission führte Jugendworkshops durch und interviewte Grundschulklassen sowie Kitagruppen. Zudem wurden bundesweite Jugendbeteiligungsprozesse daraufhin analysiert, was junge Menschen zur politischen Bildung sagen.
Mit den Kinder- und Jugendberichten entspricht die Bundesregierung ihrer Verpflichtung gemäß § 84 SGB VIII, dem Deutschen Bundestag und dem Bundesrat in jeder Legislaturperiode einen Bericht über die „Lage junger Menschen und die Bestrebungen und Leistungen der Jugendhilfe“ vorzulegen und dazu Stellung zu nehmen. Mit der Ausarbeitung des Berichtes beauftragt die Bundesministerin für Familie, Senioren, Frauen und Jugend im Namen der Bundesregierung jeweils eine unabhängige Kommission, zu der auch Mitglieder des DBJR gehören.
Ausführliche Informationen zum 16. Kinder- und Jugendbericht enthält die entsprechende Seite des BMFSFJ.
Beitragsfoto: Tim Mossholder auf unsplash