Die „Neue Rechte“

Okt 26, 2020 | Aktuelles, Jugendpolitik

„Sie tragen ihren Hass in die Mitte unserer Gesellschaft“

„Sie sind jung, gut vernetzt und deutsch. Sie sind keine Splittergruppe mehr, keine beiläufige Strömung.“ Dies bilanziert ein Bericht („Jung, rechts, radikal“) des Magazins „Focus“ (40/2020) über die „mehr als 32.000“ Rechtsradikalen in Deutschland (Stand 2019), „knapp die Hälfte von ihnen“ auch „gewaltorientiert“. Und: „Sie stehen auf den Stufen des Reichstags und tragen ihren Hass in die Mitte unserer Gesellschaft.“ Der Bericht, so „Focus“, sei das Ergebnis von 18 Monaten Recherche im „Netzwerk der Neuen Rechten“. Er beschreibt „eine neue Generation von Rechten: Keine marodierenden Trupps, kein Sieg-Heil-Gegröle, keine Bomberjacken“. Der Autor, „Focus“-Reporter Thilo Mischke, will bei seinen Beobachtungen „bei konspirativen Treffen und in der Herzkammer der Dortmunder Neonazis“ erfahren haben, dass diese Generation sich anders gebärde als „laute ältere Neonazis, Neonazis der alten Garde, die Schläger von früher“. „Diese Generation gibt sich milde. Ihre Anhänger sprechen vom ‚großen Ausverkauf’, wenn sie sagen wollen, dass Deutschland von Geflüchteten unterwandert wird“, heißt es dazu.

Als die größte Gemeinsamkeit junger und alter Neonazis lässt der Bericht den Ausländerhass erkennen. „Aber die rechtsextreme Szene altert, sie verliert junge Leute an die AfD“, heißt es weiter. Zitiert wird namentlich ein im rechtsextremen Lager offenbar bekannter NSU-Sympathisant. Dieser rede „von nationaler Identität, von Patriotismus“ und erkläre, „dass Ausländer aus Deutschland ausgewiesen werden müssten, der einzige Weg, dieses Land noch ‚zu retten’. Jeder, der kein Deutscher sei, müsse weg. Deutsch sein heiße, dass ‚selbst die Großeltern’ hier geboren sein müssten.“

„Eine Dokumentation zeigt das neue Selbstbewusstsein junger Rechtsradikaler“

Eine über zwei Stunden laufende und am 28. September von ProSieben ausgestrahlte „aufwendig recherchierte Fernsehdokumentation“ zeige „das neue Selbstbewusstsein junger Rechtsradikaler“ und dokumentiere „verstörende Zitate eines AfD-Funktionärs“. Zu dieser Einschätzung kam die „Süddeutsche Zeitung“ (SZ) in ihrem Bericht über den Programmbeitrag des („Focus“-)Reporters Thilo Mischke (s.o.), unter dem Titel „Rechts, deutsch, radikal“ – ausgestrahlt nicht von einer öffentlich-recht-lichen Rundfunkanstalt, sondern einem privatkommerziellen Sender.

Den Anfang der Doku machten Bilder „von Angst einflößenden, krude tätowierten Neonazis“ aufgenommen auf einem rechten Rockfestival in Sachsen, heißt es in der „SZ“-Rezension, und: „Verstörende Gestalten wie aus einem Panoptikum der Extreme“ seien da zu sehen. Diese Leute seien „lange als Randerscheinung abgetan“ worden, aber es sei dies „nur der Anfang einer langen Reise durch Deutschland“, die zudem anschaulich mache, „dass diese und andere Bilder Ausdruck einer zunehmend gefährlichen Normalität in diesem Land sind“. Eine „unverhohlene Selbstsicherheit im Auftreten“ verbinde die Rechtsextremen, die der Reporter an unterschiedlichen Orten in Deutschland aufgesucht habe. „’Man geht aus der Deckung, man ist selbstsicher.’“ So habe der Chef des Thüringer Verfassungsschutzes die „immer breiter und selbstbewusster werdende rechtsextreme Szene“ beschrieben – mit dem Zusatz, er mache sich mittlerweile „’ernsthafte Sorgen um unsere Demokratie’“.

Nachdruck mit freundlicher Genehmigung von jugendpolitischer dienst (jpd), Folge 2363

Beitragsfoto: Bert Kahveci, unsplash

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